Beitrag von Rita Egger zu einem künstlerischen Projekt im Fachbereich der Innenraumgestaltung innerhalb des laufenden Studienbetriebes
Wir, ein Künstler, mehrere Studienteilnehmer und ich, wollten einen Raum, der überwiegend zur Meditation dient und bisher aus weiß gestrichenen Wänden und einer großen Fensterfront bestand, ansprechender und idealer gestalten. Der Raum sollte Swami Sivananda gewidmet sein.
Sivananda hat eine Fähigkeit, die Heinz Grill als sogenannte Jupiter-Signatur oder Jupiter-Kraft bezeichnet, sehr weitreichend entwickelt. Oder anders ausgedrückt, Sivananda besaß die Fähigkeit, einen universal gültigen Gedanken so lange in der Konzentration zu halten, bis er sich in seiner tieferen Bedeutung ausspricht, und ihn dementsprechend in die Realisation zu bringen. Diese Bewusstseinstätigkeit entspricht auch der Meditation.
Wir, ein Künstler und mehrere Nicht-Künstler, entschieden uns zum Einen ein Portrait von Sivananda an die Wand zu malen und zum Anderen einige Bogenformen mit Gips an die Wand zu plastizieren. Beide Projekte sollten nicht einfach nur eine äußere Form erhalten, sondern die Jupiter-Signatur zum Ausdruck bringen. Diese zeigt sich u.a. in sich rundenden und doch weiten, aufsteigenden Formen.
Wand-Portrait von Sivananda
Sehr ungewöhnlich und interessant bei diesem Projekt ist, dass es nicht nur allein von dem Maler geschaffen worden ist, sondern dass es in einer intensiven Zusammenarbeit des Malers mit den „Nicht-Künstlern“ entstanden ist.
Wie sind wir hierbei vorgegangen?
Bevor der Maler Hand anlegte, um das Portrait in die äußere Erscheinung zu bringen, kreierten alle Anwesenden eine rein gedankliche Vorstellung von dem Portrait. Wir betrachteten zunächst eine gut gelungene Zeichnung und ein Foto von Sivananda sehr genau in Bezug auf die sich rundenden und doch weitenden, aufsteigenden Formen, die in seinem Gesicht erscheinen.
In einem weiteren Schritt stellte sich jeder das Gesicht von Sivananda, wie er es auf der Zeichnung oder dem Foto wahrgenommen hatte, gedanklich im Raum vor und hielt es über einige Minuten konzentriert im Bewusstsein aufrecht.
Erst nach dieser Vorarbeit begann der Künstler mit seiner Arbeit an der Wand. Die anderen Teilnehmer begleiteten die Arbeit des Malers, indem sie unter Bewahrung des Gedankens der Jupiter-Signatur die Vorlagen und die entstehende Wandmalerei vergleichend betrachteten und dem Maler unterstützende Hinweise gaben.
Dies war ein durchaus anstrengender Prozess, bei dem über mehrere Stunden eine gute Konzentration aufrecht erhalten werden musste, bis sich schließlich zur Freude aller Beteiligten der lebendige Ausdruck von Sivananda immer mehr in dem Portrait zeigte.
Der Maler äußerte im Nachhinein, dass er die gedankliche Arbeit der „Nicht-Künstler“ als sehr unterstützend und Kraft gebend erlebt hatte. Es wurde deutlich, dass sowohl Künstler wie auch „Nicht-Künstler“ sehr fruchtbar in einem gemeinsamen künstlerisch-schaffenden Prozess zusammenwirken können.
Bogenformen
Für die Bogenformen begannen wir wieder vor der praktischen Ausführung mit einer gedanklichen Auseinandersetzung.
Zunächst vergegenwärtigten wir uns den sich rundenden und doch weitenden, aufsteigenden Charakter, den die Bögen erhalten sollten. Es sollten drei übereinander stehende und nach oben größer werdende, aufsteigende Bögen werden.
Wir rechneten die Gesamtfläche des Raumes in eine gleichgroße Kreisfläche um. Dieser errechnete Kreis sollte die Grundlage für die Bogenformen sein, womit durch seine Größe ein Bezug zum gesamten Raum hergestellt wird.
Dieser Kreis war jedoch für die Teilfläche, wo wir die Bögen anbringen wollten, zu groß, so verkleinerten wir ihn, indem wir seinen Radius durch 5 teilten. Dies war nun die Grundlage für den obersten der drei Bögen.
Alle drei Bögen sollten aus dem gleichen Mittelpunkt entspringen. Der Mittelpunkt wurde mittels des Goldenen Schnittes (ca. 62 % zu 38 %) in Bezug auf die Höhe der ausgewählten Wandteilfläche ermittelt.
Der größte Kreis wurde als Halbkreis angezeichnet. Dann wurde die Kreislinie an beiden Seiten um 38 % des Radius verkürzt. Genauso erfolgte es bei den beiden kleineren Bögen.
Der zweite Bogen bekam eine Größe von: Radius des größten Bogens minus 38 % dieses Radius. Für den dritten Bogen wurden vom Radius nochmals die gleichen 38 % abgezogen.
Nachdem die Bögen an die Wand gezeichnet waren, plastizierten wir sie in gerundeter Form mit Gips und färbten sie in einem der Jupiter-Signatur entsprechenden, fast weiß erscheinenden hellen Rosa.
Es war sehr interessant zu erleben, wie aus einem Gedanken zu Beginn eine Bewegung entsteht, die sich schließlich in einer Form manifestiert.
Rita Egger