Am Wochenende 15. und 16. Februar 2025 referierte Heinz Grill im Studienkurs und im Kurs Asanatraining über die Gefühle. Eine erste wesentliche Unterscheidung war: Gefühle können einerseits aus einem Gedanken heraus entwickelt werden und andererseits aus dem eigenen Körper kommen.
Die körperlichen Gefühle unterliegen dem Persönlichen, sie sind meist polar mit Antipathien und Sympathien behaftet und haben oft nur für die Person selbst einen Wahrheitsgehalt. Körpergefühle führen letztendlich zur Abschirmung. Beispielsweise kann der Mensch, der in einem Gefühl der Antipathie bleibt, kaum in eine harmonische Beziehung zu seinem Umfeld kommen und der Mensch, der in einem Gefühl der Sympathie verweilt, kann ebenfalls nur schwer in eine real existierende Wahrnehmung hineinfinden. Es fehlt bei beiden Formen der Bezug zu einem größeren Ganzen.
Die Gefühle jedoch, die aus einem idealen Gedanken heraus entwickelt werden, sind frei von solchen Polaritäten, sie haben einen universalen, kosmischen Wahrheitsgehalt und führen zu Verbindung.
Zum Beispiel wollen wir in der Yogaübung des Kamels den Gedanken der Weite und Offenheit darstellen. Die Wirbelsäule wird gut zentriert und der Brustkorb weit herausgehoben und geöffnet. Körpergefühle wie Unlust oder „Das ist mir zu anstrengend.“ können durch die geeignete Formung der Wirbelsäule immer mehr zurückweichen, während das Gefühl der Weite in der Übungspraxis zunehmend besser geschaffen und erlebt werden kann. Die Weite ist ein kosmisches Gefühl, im Gegensatz dazu steht die Enge.
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Übertragen auf das Leben bedeutet dies, dass der Architekt oder die Ingenieurin so ein sicheres Gefühl für das eigene Fachgebiet ausprägt, dass gleich beim Betreten eines Raumes ein Gefühl dafür entsteht, ob die Statik stimmig ist oder nicht. Sind die Prinzipien der Statik schon sehr gut im Gefühl, fällt zum Beispiel gleich die Stütze des Dachstuhls auf, die nicht direkt auf die massive Wand aufgelagert ist. Idealer Weise wird eine Stütze direkt auf die Wand angeordnet, damit sich die statischen Lasten unmittelbar in die Wand abtragen und nicht über einen zusätzlichen Querträger aufgefangen werden müssen.
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Die Entwicklung von wahren universal gültigen Empfindungen geschieht, wenn man nicht vom Persönlichen ausgeht, sondern in der freien Gedankenebene ansetzt und sich von dort aus zur Sache ausrichtet. Diese Entwicklung von wahren Gefühlen führt immer in eine Verbindung in zwei Richtungen, sowohl zum Gedanken, als auch zur Sache. Die körpereigenen Gefühle, die der verbindenden Beziehung entgegenstehen, können dabei zunehmend zurückweichen.
Zum Tafelbild:
Der Bogen um den Begriff des Körpers verdeutlicht dessen Abschirmung vom höheren Wunsch, von der Seele und vom Kosmos. Die Gefühle, die aus dem Gedanken heraus entwickelt werden, stehen in Verbindung zu Kosmos, zu Seele, zu höheren Wunsch. Derart entwickelte Gefühle haben eine harmonische Proportion, dargestellt durch den sechseckigen Kristall.
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