An der spirituellen Hochschule in Lundo habe ich im Laufe des Sommers in vielen Studieneinheiten erfahren können, wie eine anhebende Atmosphäre entstehen kann – dies auch im Umgang mit der Musik. Nach einem gut strukturierten Tag mit neuen Anregungen, bewegtem Austausch und erfahrungsreichen Übungen, wurde vor dem Abendessen oftmals gesungen. Es waren teilweise Lieder aus der indischen Tradition (in der dort üblichen Sanskritsprache), aber auch Lieder, die als Textinhalt Gedichte von Heinz Grill in sich trugen. Wenn Musiker anwesend waren, bereicherten diese den Gesang mit ihren Fähigkeiten und das Singen wurde durch die Instrumentalunterstützung angenehm getragen. Es entstand dabei meistens eine freudige, leichte und angehobene Atmosphäre.
Allgemein kann man sagen, dass der Mensch mit seinen Gedankengängen, Gemütsbewegungen, seinen Worten, die er wählt und den Handlungen, die er tätigt, fortwährend auf die umgebende Atmosphäre einwirkt. Wir kennen alle sehr gut, dass diese Atmosphäre durchaus unterschiedlich sein kann. Im täglichen Sprachgebrauch sagen wir vielleicht dazu: „Da herrschte dicke Luft“ oder „Es war eine klare und harmonische Atmosphäre“ u.s.w.. Es ist uns also durchaus bekannt, dass wir unser Umfeld unbewusst oder auch bewusst atmosphärisch prägen.
Ich fragte mich: Wie gelingt es, dass auch beim Musizieren eine angehobene Atmosphäre entsteht? Sind es allein die Liedtexte, die gelungene Komposition oder dessen schöne Wiedergabe, die die Atmosphäre bestimmen? Sicherlich prägen diese Faktoren alle sehr wesentlich die Qualitäten, die ein Lied in sich trägt. Erstaunlich für mich war die Erfahrung, dass mit relativ einfachen Gestaltungselementen ein Lied immer wieder neu geformt und damit aus dem Gewohnten herausgehoben werden kann. Es kann dies z.B. erfolgen durch die Lenkung der Aufmerksamkeit auf eine gute Hervorhebung der Vokale und Konsonanten. Ich erlebte mich beim Mitsingen dabei viel wacher zum Text des Liedes ausgerichtet. Auch meine Stimme wurde natürlicher und freier.
Wie in vielen anderen Lebensbereichen, die wir schöpferisch gestalten wollen, so ist es auch beim Singen oder Musizieren notwendig, gezielt einen Gedanken in die Ausführung hineinzuführen. Durch diese Neuausrichtung des Bewusstseins beim Singen erheben wir uns aus den Gewohnheiten heraus. Wir können damit eine neue Sinngebung in das Lied hineinführen und konkret entschiedene Wesensqualitäten erzeugen, wodurch eine spezifische, lichtere und angehobene Atmosphäre entsteht.
Ein Gedanke wird bewahrt, denn der Gedanke ist der Träger des Geistes, und dieser erhält und, man darf sogar sagen, erhellt aus dem Ich das Bewusstsein.
Heinz Grill
in seinem Buch: Der freie Atem und der Lichtseelenprozess, S.100
Die kreativen Gestaltungsmöglichkeiten sind unerschöpflich; um des Verständnisses willen möchte ich hier noch einige Beispiele anführen
Welche Bewegungslinien liegen in der Melodie und wie bewegt sich der Text dazu? (Wir dringen mit dieser Frage tiefer in die Formgestaltung des Liedes ein.)
Was ist die Grundaussage oder er Inhalt des Textes und auch – bei der Sanskritsprache – die Bedeutung der Wörter? (Durch diese Vorbereitung kann sich der Sänger mit einer bewussteren Anteilnahme zum Lied in Beziehung setzen.
Was ist die Grundaussage oder er Inhalt des Textes und auch – bei der Sanskritsprache – die Bedeutung der Wörter? (Durch diese Vorbereitung kann sich der Sänger mit einer bewussteren Anteilnahme zum Lied in Beziehung setzen.
Mit dem Gesang einen geistigen Inhalt in die irdische Sphäre hineinzuführen, ist für mich persönlich eine große anzustrebende Kunst. (z.B. bei dem Lied „Die Unabhängigkeit“
Welche geistige Dimension steht hinter einem Begriff? Dies zu erforschen, erfordert sicherlich eine länger anhaltende Auseinandersetzung und Konzentrationsarbeit mit den Imaginationen zur Unabhängigkeit.
Ein Beitrag von Irmgard Lindner
Heinz Grill führt über die Möglichkeit der Synthese von Geist und Welt im Singen und Musizieren aus:
Aus dem Vortrag: Die Vermeidung von Karma, 2.10.2005
„ … Das, was der Einzelne hineinträgt in das Lied aus den geistigen Welten, das was er an Gedanken und Inhalten, an höheren Intentionen hineinführen lernt, das ist dasjenige, was in der geistigen Welt Bestehen hat und in der irdischen Welt zu einer edlen Heilkunst, einer künstlerischen, heilfähigen Ausdruckskraft führt. …“